Man hört in der Presse und den Medien viel von Patientenverfügung, Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht. Meistenteils kann der Laie mit diesen Begriffen nicht viel anfangen.
Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des Betreuungsrechts u.a. § 1901 a in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. Dort findet sich auch in Absatz 1 eine Legaldefinition der Patientenverfügung. Es heißt dort: „Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen.“ Mit anderen Worten, in einer Patientenverfügung kann man für den Fall, dass man sich selber nicht mehr äußern kann, sei es durch geistige Gebrechen oder entsprechende Krankheiten, die eine Artikulation nach außen unmöglich machen, wie beispielsweise Demenz, im Vorhinein festlegen, wie man behandelt werden will. In der Patientenverfügung selbst können Situationen geschildert werden, bei denen man eine Behandlung wünscht oder ausschließt, bestimmte freiheitsentziehende Maßnahmen genehmigt oder nicht sowie je nach körperlichem Zustand die Unterbringung in einem Krankenhaus, Heim oder Hospiz von vornherein festlegt.
Wenn Sie genau zugehört haben, dann sagt der Satz aus, dass ein Betreuer prüfen soll, ob diese Festlegungen, die derjenige, der die Patientenverfügung errichtet hat, auch noch auf die konkrete zu entscheidende Lebenssituation zutreffen. Mit anderen Worten, es braucht überhaupt mal einen Betreuer.
Betreuer kann jeder sein, dem derjenige, der eine Patientenverfügung errichtet, vollständig vertraut. Meistenteils sind das Betreuungen innerhalb der Familie, also die Ehefrau, Kinder, nahe Verwandte oder sonstige Freunde, von denen man sicher sein kann, dass sie einem nichts Böses wollen, sondern stets das Fortkommen des zu Betreuenden im Auge haben.
Dieser Betreuer, den die Patientenverfügung voraussetzt, muss ja irgendwie benannt werden. Da kommt die Vorsorgevollmacht oder die sogenannte Betreuungsverfügung ins Spiel. Eine Betreuungsverfügung wird errichtet, um zu verhindern, dass ein vom Gericht bestellter fremder Betreuer benannt wird. Man kann also festlegen, z.B. in Gesprächen mit seinen Kindern, dass bei einer fortschreitenden Demenz irgendwann ein Kind, alle Kinder, die Ehefrau usw. die Betreuung übernehmen. Sie sind dann dem Gericht gegenüber, aber auf jeden Fall dem Betreuten gegenüber handlungsfähig, wenn diese Betreuungsverfügung rechtzeitig schriftlich erstellt wurde. All diesen drei Vorsorgeinstrumenten ist inherent, dass sie schriftlich erteilt werden müssen und dann auch in einer gewissen Weise öffentlich gemacht werden müssen, indem bekannt gemacht werden muss, wo sich diese Schriftstücke befinden. Schon aus Beweiszwecken sind diese Schriftstücke zu unterschreiben und mit Ort und Zeit der Erstellung zu versehen. Diese Verfügungen sollten auch alle paar Jahre erneuert oder zumindest überprüft werden, ob die Verfügungen tatsächlich noch wirksam sind.
Nun zum Kern des heutigen Vortrags, der Vorsorgevollmacht. Die Vorsorgevollmacht ist für den Fall gedacht, dass der Vollmachtgeber sich wie auf bei den anderen Instituten nicht mehr äußern kann, sei es durch Unfall, Krankheit oder sonstige Umstände. Für diesen Fall muss Vorsorge getroffen werden, und zwar auch in spezieller Weise. Sie kennen sicher alle die sogenannte Generalvollmacht. Solche Generalvollmacht wird ja oft vom Notar erteilt für den Lebenspartner, Ehepartner, Kinder und dergleichen mehr. Mit dieser Vollmacht kann der Bevollmächtigte handeln wie der Vollmachtgeber selbst. Diese Bevollmächtigung ist aber nicht gefahrlos. Hat der Bevollmächtigte diese in der Hand, kann er damit z.B. bei Banken Geld abheben, das Haus verkaufen, Versicherungen kündigen etc. Es empfiehlt sich deswegen, bei Generalvollmachten auch bestimmte Sicherungen einzubauen, die natürlich gut überlegt sein wollen. Zum Beispiel kann man verfügen, dass der Notar eine Ausfertigung der Vollmacht (also eine mit Unterschrift und notariellem Siegel versehene Urkunde) erst dann herausgibt, wenn der Bevollmächtigte eine Bescheinigung des Krankenhauses oder des Arztes vorlegt, dass der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine Dinge selbst zu besorgen. Sie wollen das aber bitte gut überlegen, weil natürlich in solch einer Einschränkung auch immer ein gewisses Misstrauen mitspielt.
Wir unterstellen jetzt, dass Sie keine solche Vorsorgevollmacht errichtet haben und nun aufgrund eines Herzinfarktes oder Hirnschlags ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Die Regel ist dann, dass die Ärzte auf jeden Fall versuchen, Ihnen das Leben zu retten, einerlei was in Ihrer Patientenverfügung steht. Die Ärzte sind aufgrund des hippokratischen Eids gehalten, Ihr Leben zu konservieren und zu erhalten, so dass erst zu einem späteren Zeitpunkt, unter Umständen, wenn sich eine Erkrankung über einen längeren Zeitraum hinzieht, die Patientenverfügung greift. Häufiger kommt es allerdings vor, dass Angehörige benachrichtigt werden, z.B. weil der Verunfallte entsprechende Adressen in seinem Portemonnaie mit sich führt. Dann müssen unter Umständen ganz schnell Entscheidungen getroffen werden, die über das weitere Schicksal des Patienten entscheiden. Es wird bei schweren Unfällen oft verlangt, dass eine Einwilligung zu einer Operation, Amputation, Entfernung von Organen und dergleichen mehr gegeben werden muss. Um für diesen Fall gewappnet zu sein, empfiehlt es sich, eine Vorsorgevollmacht zu errichten. In dieser Vorsorgevollmacht sollte festgelegt werden, wer in einem solchen Notfall, in dem der Vollmachtgeber nicht mehr seinen Willen äußern kann, entscheidet. Es sollte dabei auch klargemacht werden, in welcher Reihenfolge die Bevollmächtigten agieren sollen. Bei verheirateten Eheleuten vielleicht als Erstes der Ehemann, wenn der Ehemann nicht erreichbar ist, dann der Sohn oder die Tochter und später, wenn gar niemand erreichbar ist, vielleicht ein enger Verwandter oder ein langjähriger Freund. In der Vorsorgevollmacht sollte deswegen auch angegeben werden, wo die Bevollmächtigten wohnen und alle Telefonnummern. Schon aus diesem Grund muss die Vorsorgevollmacht alle paar Jahre erneut angeschaut werden, um die Adressen zu aktualisieren und die Telefonnummern zu überprüfen. Wer beispielsweise bereits in einer Einrichtung wohnt, sollte der Heimleitung, der Deutschen Servicegesellschaft, eine Kopie der Vorsorgeinstrumente übergeben, damit im Zweifel die Betreuung aus dem Heim über die Bevollmächtigten Bescheid weiß und entsprechend schnell handeln kann.
Die Vorsorgevollmacht kann sich auf bestimmte Rechtskreise beziehen. Beispielsweise auf die Personensorge oder Vermögenssorge, auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder andere noch festzulegende Wirkungskreise. Die Regel ist aber, dass eine Vorsorgevollmacht umfänglich ausgestaltet sein sollte. Wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre Dinge zu Regeln und sich nach außen hin verständlich zu machen, dann dürfte es aller Wahrscheinlichkeit nach so sein, dass Sie weder noch alleine Überweisungen tätigen können noch selbst den Umzug organisieren können oder ähnliches. Das bedeutet, dass diese Vorsorgevollmacht möglichst alle Rechtskreise abdeckt. Dies natürlich nur dann, wenn wirklich der Bevollmächtigte das volle Vertrauen des Vollmachtgebers genießt. Die Vollmacht folgt den Vorschriften für die Vertretung aus dem BGB. Nach § 164 BGB ist der Bevollmächtigte Vertreter des Geschäftsherrn. Der Bevollmächtigte schließt also die Verträge in fremdem Namen ab bzw. gibt die Willenserklärung im Namen des Vollmachtgebers ab. Sie wollen bitte bedenken, dass eine Generalvollmacht nach der Rechtsprechung wegen ihrer Allgemeinheit in der Regel nicht die Bevollmächtigung zur ärztlichen Untersuchung, einer Heilbehandlung oder einem medizinischen Eingriff hergibt. Ferner ist die Generalvollmacht nicht brauchbar, wenn es notwendig ist, sie zu ihrem eigenen Schutz in eine geschlossene Anstalt unterzubringen oder aber ärztliche Zwangsmaßnahmen oder sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise ein Bettgitter oder Fixierungen anzubringen. Außerdem kann eine bevollmächtigte Person über eine Generalvollmacht keiner Organspende zustimmen. Diese Fragen können Sie nur durch eine Vorsorgevollmacht regeln.
Dabei sollten Sie bitte beachten, dass für Ausländer unter Umständen besondere Regeln gelten. Beispielsweise werden solche Vollmachten in bestimmten Ländern nicht akzeptiert. Es empfiehlt sich daher, als ausländischer Mitbürger eine Rechtswahl zu treffen, also die Vorsorgevollmacht deutschem Recht zu unterstellen.
Grundsätzlich ist es möglich, eine Betreuungsvollmacht einer Person A und die Vorsorgevollmacht einer Person B zu geben. Davon ist allerdings abzuraten, weil sich diese Institute nicht wirklich randscharf voneinander abgrenzen. Sie sehen ja, dass beispielsweise bei der Patientenverfügung ein Betreuer vorausgesetzt wird. Wenn jetzt drei Personen, die sich vielleicht auch noch nicht verstehen, bevollmächtigt werden, kann das zu Chaos führen. Es gab schon Fälle, in denen Geschwister sich über die Frage, wie mit dem Elternteil verfahren werden soll, derart zerstritten haben, dass das Betreuungsgericht einen familienfremden Berufsbetreuer benennen musste, um die zu entscheidende Frage zu klären.
Ich hatte oben schon darauf hingewiesen, dass die Vollmacht schriftlich zu erfolgen hat. Eine notarielle Beurkundung ist meistenteils nicht erforderlich. Sie ist dann aber angeraten, wenn beispielsweise eine Menge Grundstücke da sind oder grundstücksgleiche Rechte, GmbH-Anteile oder sonstige Rechte und Anteile, die nur über eine notarielle Erklärung veräußert oder belastet werden können. Wer keine Grundstücke hat, kann das ohne weiteres selbst regeln.
Bei der Frage, wohin die Vollmachtsurkunde selbst getan wird, ist der Hinweis anzubringen, dass diese auch beim Zentralen Vorsorgeregister abgegeben werden kann. Dort wird sie dann regelmäßig gefunden, wenn der Fall eines Falles eingetreten ist. Allerdings hat das den Nachteil, dass man alle paar Jahre die Vorsorgevollmacht zurückfordern und eine neue abgeben muss, damit immer die aktuellste Version Beachtung findet.
Schließlich sollte die Vorsorgevollmacht auch über den Tod hinaus ausgestellt werden. Normalerweise endet jede Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers. Das ist aber in diesen Fällen oft unpraktisch, weil nach dem Tod des Vollmachtgebers ja immer noch Zahlungen geleistet werden müssen. Beispielsweise Vorauszahlungen an das Beerdigungsinstitut, Tagegeld an das Krankenhaus oder die nächste Miete und das Betreuungsentgelt usw. All das kann nicht mehr geschehen, wenn die Bank vom Tod des Vollmachtgebers Kenntnis erlangt. Dann hilft es, wenn eine entsprechende Vollmacht über den Tod hinaus vorliegt. Gegebenenfalls muss bei bestimmten Instituten, wie beispielsweise der Postbank, ein spezieller Vordruck ausgefüllt werden. Man sollte dann mit dem zu Bevollmächtigenden zur Bank gehen, den Vordruck unterschreiben lassen und auch den Ausweis vorzeigen, damit die Bank sicher sein kann, dass sie an den Richtigen leistet respektive der Richtige über das Konto verfügt.
Die Vollmacht gilt grundsätzlich unbegrenzt. Wenn Sie als Vollmachtgeber ein wenig Misstrauisch geworden sind, können Sie die Vollmacht ohne weiteres beschränken. Eine Vollmacht, die aber nach außen gelangt ist, kann solange sie nicht zurückgeholt wurde, immer weiter verwendet werden. Es empfiehlt sich deswegen, Vollmachtsurkunden zurückzufordern oder für Kraftlos erklären zu lassen, wenn man inzwischen herausgefunden hat, dass der Bevollmächtigte doch mehr an dem Geld des Vollmachtgebers interessiert ist als an einer Hilfeleistung.
Fazit:
Es ist sehr sinnvoll, eine Patientenverfügung, eine Betreuungsverfügung und eine Vorsorgevollmacht zu errichten und gelegentlich zu überprüfen. Im Falle eines Falles können Sie damit sicher sein, dass Ihre Wünsche umgesetzt werden und der Betreuer in Ihrem Namen tätig wird. Sie vermeiden damit unwürdige, unmenschliche Behandlungen oder Dinge, die Sie nach Ihrem Weltbild keinesfalls dulden möchten.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Errichtung einer Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung. Wir sind gerne bereit, Sie dafür zu besuchen oder aber Sie in unseren Räumen zu empfangen.
Berlin, Juli 2015